Es ging so rasend schnell. Innerhalb nur weniger Wochen krempelten die Nationalsozialisten nach ihrem Wahlsieg 1933 ein ganzes Land um. Bücherverbrennung, Ermächtigungsgesetz und das erste Konzentrationslager innerhalb weniger Wochen …
Es ist kaum vorstellbar, dass es so schnell gehen konnte.
Beschrieben ist dieses Tempo in dem Briefroman „Adressat Unbekannt“ der amerikanischen Autorin Kathrine Kressmann-Taylor. Die Geschichte eines amerikanischen Juden und eines deutschen Geschäftsmanns, deren langjährige Freundschaft durch die faschistische Propaganda zerbricht. Mit feiner Feder zeichnet die Autorin nach, wie innerhalb von wenigen Monaten ein liberaler Geist sich in einen herzlosen Nazi verwandelt.
Die ungekürzte Lesung dieses Romans zeigen Hubertus Heitmüller und Theologe Florian Schwarz am 18.09. im Kulturwerk.
Schwarz, der in die Rolle des Nazis schlüpft, spielt die Brutalität und vor allem das Selbstbelügen ausdrucksstark. Heitmüller hingegen füllt die Rolle des amerikanischen, deutschstämmigen Juden mit der Fassungslosigkeit eines Menschen, der mitansieht, wie sein bester Freund in Unmenschlichkeit abgleitet.
Und am Schluss steht ein unerwartetes Ende, das in seiner Radikalität trotz des bitteren Themas einen Hauch der Hoffnung entfaltet.

